SIBO: Dünndarm-Fehlbesiedelung ganzheitlich heilen
- Günther Pantner
- 22. Aug.
- 6 Min. Lesezeit

SIBO, Dünndarm-Fehlbesiedelung, Small Intestinal Bacterial Overgrowth, SIBO Behandlung
Wenn der Bauch nach jeder Mahlzeit aufbläht wie ein Ballon und einfache Nahrungsmittel plötzlich zu Verdauungsproblemen führen, könnte eine Dünndarmfehlbesiedlung (SIBO) die Ursache sein. Diese oft übersehene Erkrankung betrifft mehr Menschen als vermutet – doch mit dem richtigen Verständnis und einer gezielten Behandlung lässt sie sich erfolgreich in den Griff bekommen.
Was ist SIBO? – Grundlagen verstehen
SIBO steht für "Small Intestinal Bacterial Overgrowth" und bedeutet auf Deutsch Dünndarmfehlbesiedlung oder bakterielle Überwucherung des Dünndarms. Normalerweise ist der Dünndarm relativ keimarm, während der Dickdarm von Milliarden von Bakterien besiedelt wird. Bei SIBO gerät dieses fein abgestimmte System aus dem Gleichgewicht.
Was passiert bei einer Fehlbesiedlung des Dünndarms?
Bakterien, die normalerweise im Dickdarm leben, siedeln sich im Dünndarm an oder vermehren sich dort übermäßig. Diese Keime fermentieren dann die Nahrung bereits im Dünndarm, bevor sie ordnungsgemäß verdaut und aufgenommen werden kann. Das Ergebnis: Gasbildung, Entzündungen und Nährstoffmangel.
Die Erkrankung ist häufiger als gedacht. Studien zeigen, dass bis zu 84% der Menschen mit Reizdarmsyndrom eine zugrundeliegende SIBO haben. Besonders betroffen sind Patienten mit chronischen Verdauungsbeschwerden, aber auch Menschen mit anderen Erkrankungen wie Diabetes oder Schilddrüsenunterfunktion.
Was bedeutet das für Sie?
SIBO ist keine unheilbare Erkrankung, sondern ein lösbares Problem. Mit der richtigen Diagnose und Behandlung können Sie Ihre Beschwerden deutlich lindern und Ihre Lebensqualität zurückgewinnen.
Symptome erkennen – Wie macht sich SIBO bemerkbar?
So erkennen Sie die Anzeichen: Die Symptome einer Dünndarmfehlbesiedlung entwickeln sich oft schleichend und werden häufig als "normaler Reizdarm" abgetan. Dabei gibt es charakteristische Merkmale, die auf SIBO hindeuten.
Hauptbeschwerden | Weitere Anzeichen | Warnzeichen |
Blähbauch (wird tagsüber größer) | Müdigkeit und "Brain Fog" | Starker Gewichtsverlust |
Blähungen und Aufstoßen | Nahrungsmittelunverträglichkeiten | Blut im Stuhl |
Bauchschmerzen um den Navel | Hautprobleme (Akne, Ekzeme) | Anhaltende starke Schmerzen |
Durchfall oder Verstopfung | Gelenkschmerzen | Fieber |
Völlegefühl nach kleinen Mahlzeiten | Stimmungsschwankungen | Anhaltende Übelkeit |
Der charakteristische Tagesverlauf:
Ein typisches Merkmal von SIBO ist, dass sich der Blähbauch im Laufe des Tages verschlimmert. Morgens ist der Bauch oft noch relativ flach, aber mit jeder Mahlzeit wird er größer – als würde man einen Ballon aufpumpen.
Unterschiedliche Typen, unterschiedliche Beschwerden:
Je nach Art der Bakterien entstehen verschiedene Gase:
Wasserstoff-dominante SIBO führt meist zu Durchfall
Methan-dominante SIBO (heute IMO genannt) verursacht eher Verstopfung
Schwefelwasserstoff-SIBO riecht nach "faulen Eiern" und kann systemische Symptome verstärken
Was können Sie daraus lernen?
Ein Symptom-Tagebuch hilft Ihnen und Ihrem Therapeuten, Muster zu erkennen. Notieren Sie: Was haben Sie gegessen? Wann traten welche Beschwerden auf? Wie stark war der Blähbauch (messen Sie den Bauchumfang morgens und abends)?
Wie entsteht SIBO? – Ursachen verstehen
Das passiert in Ihrem Körper: Ihr Dünndarm verfügt über mehrere natürliche Schutzmechanismen gegen bakterielle Überwucherung. Bei SIBO versagen diese Barrieren.
Die wichtigsten Schutzmechanismen sind:
Magensäure tötet schädliche Bakterien aus der Nahrung ab
Verdauungsenzyme und Galle verdauen die Nahrung schnell, sodass wenig für Bakterien übrig bleibt
Die Ileozökalklappe fungiert als "Türsteher" zwischen Dünn- und Dickdarm
Der Migrating Motor Complex (MMC) ist die wichtigste "Putzwelle" des Dünndarms
Die entscheidende Putzwelle: Der MMC arbeitet wie ein nächtlicher Hausmeister. Zwischen den Mahlzeiten schiebt er Nahrungsreste und Bakterien ordentlich in den Dickdarm weiter. Ständiges Snacken unterbricht diesen Reinigungsprozess – ein Hauptgrund für SIBO.
Auslöser | Verstärkende Faktoren | Schutzfaktoren |
Magen-Darm-Infekte | Säureblocker (PPIs) | Ausreichend Magensäure |
Antibiotika-Behandlungen | Dauerstress | Mahlzeitenpausen (4-5 Stunden) |
Bauchoperationen | Schilddrüsenunterfunktion | Gute Darmtätigkeit |
Schwere Erkrankungen | Diabetes | Ausgewogene Darmflora |
Warum ist das bei mir so?
Oft ist es eine Kombination mehrerer Faktoren. Ein Magen-Darm-Infekt löst das Problem aus, Stress und Medikamente halten es aufrecht, und eine gestörte Darmtätigkeit verhindert die Heilung. Die gute Nachricht: Jeder dieser Faktoren lässt sich therapeutisch angehen.
Wie wird SIBO festgestellt? – Diagnostik verstehen
So läuft die Untersuchung ab: Die Diagnose einer Dünndarmfehlbesiedlung erfolgt hauptsächlich über Atemtests. Diese sind nicht-invasiv und können meist in der Praxis durchgeführt werden.
Untersuchung | Was passiert | Was kann erkannt werden |
Lactulose-Atemtest | Sie trinken Zuckerlösung, dann wird 3 Stunden lang die Atemluft gemessen | SIBO im gesamten Dünndarm |
Glucose-Atemtest | Ähnliches Verfahren mit anderem Zucker | SIBO im oberen Dünndarm |
Stuhluntersuchung | Analyse der Darmflora-Zusammensetzung | Zusätzliche Keime und Ungleichgewichte |
Blutuntersuchung | Prüfung auf Mangelerscheinungen | Vitamin B12, Eisen, andere Nährstoffe |
Das Prinzip der Atemtests: Bakterien im Dünndarm fermentieren den getrunkenen Zucker und produzieren dabei Gase (Wasserstoff, Methan). Diese gelangen über das Blut in die Lunge und werden abgeatmet. Ein früher Anstieg der Gaskonzentration deutet auf SIBO hin.
Wann zum Arzt | Was ist normal | Was ist Warnsignal |
Anhaltende Verdauungsprobleme über 4 Wochen | Gelegentliche Blähungen nach schweren Mahlzeiten | Starker Gewichtsverlust |
Zunehmende Nahrungsmittelunverträglichkeiten | Leichte Bauchschmerzen nach dem Essen | Blut im Stuhl |
Systemische Symptome (Müdigkeit, Hautprobleme) | Wechselnde Stuhlkonsistenz | Anhaltende starke Schmerzen |
Was kostet ein SIBO-Test? In Deutschland liegt der Preis für einen Atemtest bei etwa 80-150 Euro als Selbstzahlerleistung. Bei begründetem Verdacht übernehmen manche Krankenkassen die Kosten.
Was bedeuten die Ergebnisse? Ein positiver Test zeigt das Ausmaß und die Art der Fehlbesiedlung. Diese Information ist entscheidend für die richtige Behandlung – denn nicht jede SIBO wird gleich therapiert.
Welche Behandlungen gibt es? – Therapie-Möglichkeiten
Diese Möglichkeiten haben Sie: Die Behandlung von SIBO hat sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. Heute gibt es sowohl bewährte medikamentöse als auch natürliche Ansätze.
Behandlungsart | Wie wirkt es | Für wen geeignet |
Rifaximin (Xifaxan®) | Antibiotikum, das nur im Darm wirkt | Standard-Erstbehandlung |
Pflanzliche Antibiotika | Oregano, Berberin, Knoblauch töten Bakterien ab | Bei Unverträglichkeiten oder als Zusatz |
Prokinetika | Regen die Darmtätigkeit an (z.B. Iberogast®) | Zur Rückfallverhütung |
Diät-Therapie | Low-FODMAP oder SIBO-spezifische Diät | Symptomlinderung, Therapie-Unterstützung |
Probiotika | Aufbau der gesunden Darmflora | Nach erfolgreicher Bakterien-Reduktion |
Medikamentöse Behandlung: Rifaximin ist das Mittel der Wahl bei SIBO. Es wirkt nur im Darm und schont die Dickdarm-Bakterien relativ gut. Bei methan-dominanter SIBO wird es oft mit anderen Antibiotika kombiniert.
Natürliche Alternativen: Pflanzliche Antibiotika wie Oregano-Öl, Berberin oder Allicin können ebenso wirksam sein. Sie haben den Vorteil, dass sie auch Biofilme (Schutzschilde der Bakterien) aufbrechen können.
Das 5R-Protokoll:
Ein ganzheitlicher Ansatz folgt oft diesem Schema:
Remove (Entfernen): Schädliche Bakterien eliminieren
Replace (Ersetzen): Verdauung mit Enzymen unterstützen
Reinoculate (Wiederbesiedeln): Gute Bakterien sanft aufbauen
Repair (Reparieren): Darmschleimhaut heilen
Rebalance (Gleichgewicht wiederherstellen): Ursachen angehen
Was können Sie selbst tun? Eine temporäre Diät kann die Symptome deutlich lindern. Dabei meiden Sie vorübergehend Nahrungsmittel, die von den Bakterien fermentiert werden – sogenannte FODMAPs. Dazu gehören Zwiebeln, Knoblauch, Hülsenfrüchte und viele Obstsorten.
Wichtig zu wissen: Die reine Antibiotika-Behandlung hat eine Rückfallquote von fast 50% innerhalb eines Jahres. Deshalb ist die Behandlung der zugrundeliegenden Ursache – meist die gestörte Darmtätigkeit – entscheidend für den langfristigen Erfolg.
Langfristig gesund bleiben – Alltag mit SIBO
So können Sie Einfluss nehmen: Nach der erfolgreichen Behandlung geht es darum, ein Wiederauftreten zu verhindern. Hier liegt der Schlüssel in der Reaktivierung der natürlichen Darmbewegungen.
Hilfreich | Neutral | Problematisch |
Mahlzeitenpausen (4-5 Stunden) | Moderate Bewegung | Ständiges Snacken |
Prokinetika abends auf leeren Magen | Ballaststoffreiche Kost (nach Verträglichkeit) | Dauerstress |
Stressmanagement und Entspannung | Ausreichend Trinken | Säureblocker (wenn nicht nötig) |
Ausreichend Schlaf | Probiotika (gezielt einsetzen) | Übermäßige Antibiotika-Einnahme |
Die wichtigste Maßnahme: Prokinetika wie Ingwer, Iberogast® oder bei Bedarf niedrig dosiertes Erythromycin reaktivieren die nächtliche "Putzwelle" (MMC) des Dünndarms. Diese Medikamente werden am besten abends auf leeren Magen eingenommen.
Ernährung nach SIBO: Nach der Behandlung sollten Sie schrittweise zu einer vielfältigen Ernährung zurückkehren. Eine dauerhafte Einschränkung ist weder nötig noch gesund. Die FODMAP-Reintegration hilft dabei, herauszufinden, welche Nahrungsmittel Sie vertragen.
Stressmanagement ist entscheidend: Chronischer Stress lähmt die Verdauung über das vegetative Nervensystem. Techniken wie tiefe Bauchatmung, Meditation oder auch Gurgeln und Singen aktivieren den Vagusnerv und fördern die Darmtätigkeit.
Ihr Weg zu mehr Lebensqualität: Mit der richtigen Kombination aus akuter Behandlung und langfristiger Vorsorge können die meisten Menschen ihre SIBO erfolgreich in den Griff bekommen. Viele Patienten berichten, dass sie sich nach der Behandlung besser fühlen als seit Jahren.
Häufig gestellte Fragen zu SIBO
Welche Symptome treten bei SIBO auf?
Die häufigsten Symptome sind ein sich über den Tag verstärkender Blähbauch, Blähungen, Bauchschmerzen und veränderter Stuhlgang (Durchfall oder Verstopfung). Dazu kommen oft systemische Beschwerden wie Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und neu auftretende Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Der Blähbauch ist dabei besonders charakteristisch – er wird nach jeder Mahlzeit größer.
Wie bekomme ich SIBO weg?
SIBO wird mit einem mehrphasigen Ansatz behandelt: Zuerst werden die überschüssigen Bakterien mit Antibiotika (z.B. Rifaximin) oder pflanzlichen Mitteln reduziert. Parallel unterstützt eine temporäre Diät die Heilung. Entscheidend für den langfristigen Erfolg ist die Behandlung der zugrunde liegenden Ursache – meist eine gestörte Darmtätigkeit. Prokinetika helfen dabei, die natürliche "Putzwelle" des Dünndarms zu reaktivieren.
Was darf man bei SIBO nicht essen?
Während der Behandlung sollten Sie vorübergehend FODMAP-reiche Lebensmittel meiden: Zwiebeln, Knoblauch, Hülsenfrüchte, Weizen, Milchprodukte mit Laktose, viele Obstsorten (besonders Äpfel, Birnen), Süßstoffe und stark verarbeitete Lebensmittel. Diese Einschränkung ist aber nur temporär – nach erfolgreicher Behandlung können Sie schrittweise wieder zu einer normalen, vielfältigen Ernährung zurückkehren.
Wo schmerzen bei Dünndarmfehlbesiedlung?
Die Bauchschmerzen bei SIBO sind oft diffus und wandern. Typisch sind Schmerzen um den Bauchnabel herum oder im Oberbauch bis Mittelbauch. Sie entstehen durch die Gasbildung und die dadurch bedingte Dehnung der Darmwand. Anders als bei anderen Darmerkrankungen sind die Schmerzen bei SIBO meist nicht punktuell, sondern eher flächig und krampfartig.
Was kostet ein SIBO-Test?
Ein SIBO-Atemtest kostet in Deutschland als Selbstzahlerleistung etwa 80-150 Euro. Bei begründetem medizinischen Verdacht können die Kosten manchmal von der Krankenkasse übernommen werden. Der Preis variiert je nach Labor und Art des Tests (Lactulose oder Glucose). Zusätzliche Untersuchungen wie Stuhlanalysen oder Bluttests zur Erkennung von Mangelerscheinungen kommen hinzu.
Was passiert, wenn SIBO unbehandelt bleibt?
Unbehandelte SIBO kann zu chronischen Beschwerden und schwerwiegenden Komplikationen führen: Die Bakterien konkurrieren mit dem Körper um Nährstoffe, was zu Mangelerscheinungen (besonders Vitamin B12, Eisen, fettlösliche Vitamine) führt. Es kann sich ein "Leaky Gut"-Syndrom entwickeln, bei dem Bakteriengifte und unverdaute Nahrungsbestandteile ins Blut gelangen und systemische Entzündungen sowie Autoimmunreaktionen fördern können. Langfristig steigt das Risiko für andere chronische Erkrankungen.